Darum
Gendern ändern

Geschlechtergerechte Sprache

gehört heutzutage zum guten Ton. Der Wunsch, fair und inklusiv zu formulieren, hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verschiedene Varianten hervorgebracht, die den Gebrauch des generischen Maskulinums bei Personenbezeichnungen ersetzen sollen. Das Signal: ausdrücklich nicht nur männliche Personen zu meinen, sondern auch Frauen. Und um wirklich umfassend inklusiv zu sein, gilt es auch, jene mitmeinen zu können, die sich weder als weiblich noch als männlich angesprochen fühlen.

Das sogenannte “Gendern” hat jedoch mit starken Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Bisherige Ausprägungen solcher Sprachtechniken stoßen bei der Mehrheit der Sprachgemeinschaft auf Ablehnung - sogar bei vielen Menschen, denen Geschlechtergerechtigkeit ein wichtiges Anliegen sein dürfte. Und tatsächlich zeigen sich bei genauerer Betrachtung systematische Konstruktionsfehler mit kontraproduktiven Auswirkungen.

Problematische Aspekte bisheriger Ansätze

Generisches Maskulinum

Liebe Besucher

Von suchen leitet sich durch Hinzufügung des Präfix be- das Verb besuchen ab, davon wiederum durch Hinzufügung des Suffixes -er an den Wortstamm das Substantiv Besucher. An diesem Beispiel ist anschaulich zu erkennen: Jede Ableitung führt von einer allgemeineren Bedeutung zu einer genaueren. Das ist keine willkürlich aufgestellte Regel, sondern entspricht dem natürlichen Prinzip steigender Informationsmenge mit zunehmender Anzahl verknüpfter Symbole.

Die hier dargestellte Ableitung von einem Verb durch -er führt zu der Bezeichnung für etwas, das die entsprechende Tätigkeit verrichtet. Egal, ob damit ein geschlechtsloser Gegenstand (wie ein Wecker oder ein Brückenträger) oder eine Person (ein Handwerker, Briefträger oder Brillenträger) gemeint ist, das Genus derart abgeleiteter Substantive ist stets Maskulinum. Daneben gibt es noch diverse weitere Ableitungsvarianten, die ebenfalls auf generische Maskulina hinauslaufen (Bürger, Kunde, Friseur, Polizist, Demonstrant, Proband, Pastor, Soldat, Kontrahent usw.). Die allermeisten Personenbezeichnungen gehen aus derartigen Wortbildungen hervor.

Morphologisch ist dies somit die Grundform einer solchen Personenbezeichnung. Sie verfügt über kein movierendes Suffix, über das ein Geschlecht spezifisch adressiert werden könnte, und ist damit sexusindifferent.

Durch die Möglichkeit der Movierung mit dem Suffix -in gerät sie allerdings zusätzlich in die Situation, nun im Gegensatz zur movierten Ableitung Personen männlichen Geschlechts zu bezeichnen. Diese Doppelrolle kann zu Unklarheiten führen, denn morphematisch ist kein Unterschied zwischen generischem und sexusspezifischem Gebrauch erkennbar.

Indem die Form für beide Adressierungen zum Einsatz kommt, transportiert sie gemeinsam mit der allein für Weiblichkeit gebrauchten Movierung ein patriarchales Menschenbild: Der Mensch ist im Normalfall männlich, allein Weiblichkeit ist die zu spezifizierende Abweichung davon; das männliche ist das Haupt-, das weibliche das nachgeordnete Nebengeschlecht. 1

Beidnennungen

Liebe Besucherinnen und Besucher

Wegen der diffusen Doppelrolle des generischen Maskulinums bedarf es der gesonderten Nennung der weiblich movierten Form, um explizit Frauen mitzumeinen, wenn eigentlich geschlechtsunabhängig alle gemeint sein sollen.

Nimmt dadurch die unmovierte Form die Bedeutung an, nur Männer zu adressieren, bleiben durch die Beidnennung immer noch diejenigen Personen außen vor, die weder männlich noch weiblich sind. Sollen sie hingegen in einem doch wieder als generisch verstandenem Maskulinum mitgemeint sein, bleiben sie im Gegensatz zu den Frauen verborgen. Der Othering-Charakter der benachbarten weiblichen Sondernennung wirkt zudem in dieser Interpretation noch gravierender.

Hybridschreibungen

Liebe BesucherInnen
Liebe Besucher*innen
Liebe Besucher_innen
Liebe Besucher:innen
Liebe Besucher!nnen

Verschiedene Varianten von Hybridschreibungen sind inzwischen mehr oder weniger verbreitet. Sie sollen die Umständlichkeit durchgehender Beidnennung aller Personenbezeichnungen abmildern und reichen vom Binnen-I bis zum in jüngerer Zeit häufig anzutreffenden Genderstern, der als vor dem Motionssuffix eingefügtes Zeichen abinäre Geschlechtsidentitäten symbolisieren soll, was allerdings auf schriftliche Darstellung begrenzt bleibt.

Erinnern wir uns an oben erwähnten Grundsatz: Jede Ableitung durch hinzugefügte Wortbestandteile führt von einer allgemeineren Bedeutung zu einer genaueren. Die Hybridformen folgen diesem Grundsatz offensichtlich nicht. Hier wird der zunächst generischen Grundform, deren eigentliches Problem ihre männlichkeitsspezifische Nebenrolle ist, diese zur Hauptrolle erklärt, die generische Funktion entzogen und aus einem so zum Spezifikum gewordenen Stamm die hybridisierende Ableitung als neue generisch gemeinte Multiform erzeugt. Eine Ausgangsform soll um spezifisierende Suffixe erweitert plötzlich eine unspezifischere, allgemeine, umfassende Rolle annehmen.

Diese ziemlich paradoxe und völlig aus dem üblichen Rahmen fallende Wortbildungsmethode führt noch zu weiteren konstruktionsbedingten grammatischen Problemen: In den Hybriden treten verschiedene Einzelformen gebündelt auf. Da die Einzelformen unterschiedliches Genus aufweisen und dieses wegen Kongruenzregeln auch bei Artikeln, Pronomen und der Beugung von Adjektiven zu berücksichtigen ist, kann sich der Gebrauch mitunter äußerst sperrig gestalten. In bestimmten Situationen ist eine grammatisch und inhaltlich korrekte Formulierung gar unmöglich. 2

Auch aus diesen Gründen stoßen gerade die Hybridschreibungen bei den meisten Menschen auf Ablehnung. Ein durchgängiger Gebrauch von Beidnennungen oder Hybriden ist zudem nur sehr selten anzutreffen. Wo sie vorkommen, ob nun schriftlich oder mit Glottisschlag ausgesprochen, treten sie meist mehr oder weniger sporadisch und beliebig wie ein oberflächlicher Manierismus auf, wodurch die Ernsthaftigkeit des Anliegens zweifelhaft erscheint. 3

Hybride und Beidnennungen sind auch stilistisch gesehen oft Stolpersteine, die die Inhaltsrezeption erschweren. Die habituelle Hervorhebung des Geschlechtsaspekts in Zusammenhängen, in denen dieser Aspekt keine Rolle spielt (oder spielen sollte), lenkt leicht vom eigentlichen Thema ab und deutet unfreiwillig eine nicht gegebene Bedeutsamkeit von Geschlechterdifferenz an.

Gilt es, im gesellschaftlichen Denken sexistische Diskriminierung zu überwinden, so sind andauernd in mehrere Geschlechtsformen aufgefächert anzutreffende Personenbezeichnungen nicht hilfreich. Sie führen das zu überwindende Diskriminierungsmuster permanent vor Augen; dabei wird immerzu eine sprachliche Segregation praktiziert. Wenn Inklusion das Ziel ist, führen fortwährende (im Falle von Hybridformen gebündelte) Exklusivnennungen in die falsche Richtung. Nur eine wirklich generische Grundform ohne Sexus- bzw. Gendermarkierungen kann vermitteln: das Geschlecht ist hier irrelevant.

Trotz dieser Widrigkeiten bleibt das Basisproblem ungelöst. Sowohl Beidnennung als auch Hybridschreibung bauen immer noch auf einer androzentrischen Grundform auf. Nach wie vor werden alle Personen außer männlichen mit morphologischen Sonderkennzeichnungen versehen.

Substantiviertes Partizip

Liebe Besuchende

Partizipien erfüllen eine bestimmte Bedeutungsfunktion, wodurch aus ihnen gebildete Personenbezeichnungen nicht uneingeschränkt als Ersatz für eine generische Grundform geeignet sind. So drückt das Partizip I eine konkrete gegenwärtige Handlung aus.

Forschende können alle möglichen Leute sein: forschende Touristen, forschende Kinder, forschende Journalisten. Sie sind dadurch noch nicht mit Forschern gleichzusetzen. Studenten sind Studierende, solange sie sich mit ihrem Studium befassen. In den Semesterferien sind sie nicht unbedingt studierend. Sie bleiben trotzdem Studenten, bis sie exmatrikuliert sind. Lesende dieses Textes hören auf, Lesende dieses Textes zu sein, sobald sie die Lektüre beendet haben, bleiben aber dennoch Leser dieses Textes.

Im Singular verliert ein substantiviertes Partizip darüber hinaus seine Geschlechtsneutralität, da es dort nur mit bestimmtem Genus auftreten kann. Eine Etablierung von aus Partizipien abgeleiteten Personenbezeichnungen als Ersatz für generische Maskulina kann daher nur begrenzt geschlechtergerechten Nutzen entfalten.

Plural: unbestimmtes Genus
die Besuchenden

Singular: bestimmtes Genus
der Besuchende
die Besuchende

Zusammensetzungen

An Wörtern wie Bürgermeister oder Ministerpräsident wird eine weitere Schwäche des Ansatzes von Hybridschreibungen deutlich. Konsequente Umsetzung der Gendersternvariante führte in diesen Fällen zu Bürger*innenmeister*in bzw. Minister*innenpräsident*in.

Die Komplexität nimmt mit jedem personalen Kompositionsglied weiter zu: Die Minister*innenpräsident*inkandidat*innen stellen sich vor.4 Wird hingegen inkonsequent nur, wie meist üblich, das Letztglied mit Hybridschreibweise versehen, stärkt das den normativen Charakter der in diesem Kontext dediziert männlich interpretierten Form des generischen Maskulinums, das in den vorhergehenden Kompositionsgliedern zum Einsatz kommt, was der Intention des ganzen Prozederes diametral zuwiderläuft.

Ableitungen

Ähnliches gilt für andere Ableitungen von Personenbezeichnungen. Das Wort Wählerschaft war bereits in der letzten Bundestagswahl zuweilen als Wähler*innenschaft gegendert anzutreffen. Bei konsequenter Anwendung entstünden dann auch Wörter wie Herr*inschaftsform oder Genoss*innenschaftsrecht. Und ebenso betroffen wären eine Vielzahl von Adjektiven wie künstlerisch, rechthaberisch, angeberisch, malerisch, herrlich, journalistisch, ärztlich, richterlich, ritterlich, räuberisch, königlich, komödiantisch, gönnerhaft, laienhaft usw., die von generischen Maskulina abgeleitet sind.

Es war ein maler*inischer Sonnenuntergang
Welch herr*inlicher Morgen
Der richter*inlichen Anordung ist Folge zu leisten
Bürger*inliches Gesetzbuch
Ich habe mich könig*inlich amüsiert
Bloggen ist eine journalist*inische Tätigkeit

Das mag wie Korinthenkackerei erscheinen (oder genauer gesagt: wie Korinthenkacker*inei), aber so sieht es aus, wenn das generische Maskulinum gründlich in all seinen Ausprägungen durch Hybridschreibungen ersetzt wird. Weil das generische Maskulinum die Grundform von Personenbezeichnungen ist, von denen verschiedene Ableitungen gebildet werden können, taucht es als Bestandteil in allen möglichen Wörtern auf, sogar in der weiblich movierten Form: in Bürgerin ist Bürger enthalten.

Und hier liegt eben die Wurzel der ganzen Problematik: die spezifisch männliche Adressierung unterscheidet sich nicht von der generischen Adressierung. Solange deswegen die Grundform vorwiegend männlich assoziiert wird, durchzieht die Perspektive der Männlichkeit als Basisnorm alle möglichen Ausdrücke der Sprache.

An genau dieser Wurzel setzt das Konzept der gleichgestellten Movierung an.

Die bessere Alternative

Gleichgestellte Movierung

Exklusiv:
Liebe Besucherinnen,
liebe Besucheronnen,
liebe Besucherannen

Inklusiv:
Liebe Besucher

Gleichbehandlung ist hergestellt, indem alle Geschlechter nach dem gleichen Schema spezifisch adressiert werden. Die weibliche Movierung dient als Vorbild für die Wortbildung, bei der einfach der Vokal i durch a für männliche und o für abinäre Movierung zu ersetzen ist. So entsteht eine leicht unterscheidbare Lautgestalt.

Mit der Existenz der männlichen Movierung bleibt der Grundform allein die generische Adressierung.

Es ergibt dann keinen Sinn mehr, bei der Grundform vorwiegend männliche Adressaten anzunehmen. Sie wird so funktional zu einem Utrum, das sich zur genaueren Spezifikation des Sexus per Movierung mit passendem Genus erweitern läßt.

Das Genus für -on-movierte Wörter ist das Neutrum, das zuvor nur bei wenigen deutschen Personenbezeichnungen, jedoch mit breitem Konnotationsspektrum vorkam (z. B. Kind, Genie, Ekel, Model, Opfer, Mädchen, Oberhaupt, Mitglied, Individuum). Diese Handhabung wird für abstrakten bzw. neutralen Gebrauch abinär movierter Personenbezeichnungen empfohlen. Bei der höflichen Adressierung konkreter Einzelpersonen ist der jeweils vom betreffenden Individuum für sich bevorzugte grammatische Umgang zu beachten, falls bekannt.

Mit gleichgestellter Movierung entfallen alle Nachteile und Schwierigkeiten voriger Ansätze geschlechtergerechter Sprache.

Zudem weist sie einen speziellen Vorzug rückwirkender Abwärtskompatibilität auf. Da die nun als Utrum begriffene generische Grundform sich in der Gestalt nicht vom generischen Maskulinum unterscheidet, brauchen ältere Texte, die davon Gebrauch gemacht haben, nicht umformuliert zu werden. Das ist vor allem hinsichtlich juristischer Texte ein bedeutsamer Vorteil. Die Gleichgestellte Movierung kann mit herkömmlicher Literatur hervorragend harmonieren und ist im Vergleich zu anderen Ansätzen kaum Hemmnissen in der Etablierung ausgesetzt, zumal sie viel unkomplizierter zu handhaben und daher selbst in lässiger Umgangssprache leicht zu praktizieren ist. Es handelt sich dabei aber gerade nicht um eine Konservierung des generischen Maskulinums in seiner alten Rolle, sondern entschärft es radikal, wie es keiner der anderen Ansätze leistet.

Um diesen Effekt zu erzielen, sollten die neuen Movierungen bei nicht-generischem Gebrauch in gleicher Weise eingesetzt werden wie bisher schon die weibliche. Das betrifft vor allem Personenbezeichnungen im Singular, wo sie für konkrete Individuen gebraucht werden.

Konkret:
Ministerpräsidentin Schwesig
Ministerpräsidentan Söder

Unkonkret:
Ministerpräsidentenkonferenz

Konkret:
Wir begrüßen die Besucherin Anke
Wir begrüßen den Besucheran Cem
Wir begrüßen das Besucheron Ellie

Unkonkret:
Wir begrüßen alle Besucher

Oder aber im Plural, wenn das Geschlecht als relevantes Kriterium kenntlich gemacht werden soll:

Die Fußballerinnen des deutschen Nationalteams
Die Fußballerannen des deutschen Nationalteams

Einfacher Merksatz:

Sagste in?
Sagste an!

Heißt: Würde ich in dem betreffenden Fall die Personenbezeichnung -in-movieren, wenn es sich um eine Frau handelte? Dann also mach ich das genauso bei Männern mit -an. Ich movier gleich (Kürzel: MO4=). Und logischerweise gilt dann außerdem:

Sagste an?
Sagste on!

Sich darauf einzulassen und diese Sprachtechnik auszuprobieren ist eine gute Übung zum Abgewöhnen androzentrischer Perspektiven.

Machste mit?

1 Nicht das Genus Maskulinum vermittelt hier ein männlich-normatives Bild, sondern das Fehlen einer männlichen Movierungsvariante. Das Genus einer Personenbezeichnung ist eine grammatische Kategorie (suffigiert abgeleitete Abstrakta wie Leidenschaft, Diversität, Verwandtschaft, Einigung, Einheit, sogar Männlichkeit, sind z. B. Feminina), die vor allem auf die Art der Wortbildung zurückgeht. Bei unbelebten konkreten Gegenständen ist bekanntlich kaum noch eine Ordnung zu erkennen; eine sexuelle Assoziation findet daher nicht statt. Niemand hält einen Löffel für männlich und eine Gabel für weiblich. Auch bei Wörtern für Menschen deutet das Genus nicht zwangsläufig auf das Geschlecht der betreffenden Person hin, wie bereits am Wort Person offensichtlich wird, das Individuen jeden Geschlechts adressiert, obwohl es ein Femininum ist (und Individuum wiederum ein Neutrum). Die sprachgeschichlichen Ursprünge der deutschen Genera haben nichts mit Männlichkeit oder Weiblichkeit zu tun, obwohl die lateinischen Fachbegriffe dies suggerieren. Das sogenannte Maskulinum ist das Standardgenus, die anderen kamen im Laufe der Sprachentwicklung später hinzu. Die Namensgebung der Genera erfolgte wiederum erst viel später, als antike Philosophen begannen, sich mit Grammatik zu beschäftigen. Die damals gewählten, an sexuellen Geschlechtern orientierten Begriffe sind irreführend und so veraltet wie die Annahme, alle Materie sei aus den Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft zusammengesetzt. Genera sexuell zu identifizieren und das Standardgenus für männlich zu halten, ist dem seinerzeit herrschenden Zeitgeist entsprechend naiv-androzentrisch geprägt. Um diese Mentalität zu überwinden, sollte davon abgesehen werden, aufgrund altertümlicher Terminologie das “Maskulinum” bei unmovierten Personenbezeichungen für ein Zeichen von Männlichkeit zu halten. Nur bei movierten Wörtern besteht eine entsprechende Zuordnung der Genera.


2 Anschauliches Beispiel für eine unmöglich per Hybridform auszudrückende Konstellation:

Die frischvermählten Ehepartner verließen das Standesamt.


3 In Pressetexten oft anzutreffen sind etwa gelegentliche Beidnennungen, die wie ein symbolisches Zugeständnis an den Zeitgeist eingebaut werden, worauf aber doch wieder häufig generische Maskulina folgen, die im Kontrast zu den Beidnennungen dann allerdings eigentlich spezifisch zu verstehen wären. Das ist also schon kommunikatorisch ungünstig. Zudem wird durch so eine Formulierungspraxis im Kontext der gestifteten Logik (Beidnennung, um alle zu adressieren) erst recht ein Bild gestärkt, in dem Männlichkeit als Normalfall gilt und Weiblichkeit nur hin und wieder vorkommt. Mit Beidnennungen oder Hybridformen operierendes Gendern kann nur funktionieren, wenn es durchgängig angewendet wird, was jedoch leicht in unzumutbaren Texten ausartet. Ein Sprachstil, der schnell auf die Nerven geht, birgt das Risiko, dem Ruf des ganzen Anliegens Geschlechtergerechtigkeit zu schaden.


4 Das gegebene Extrembeispiel hier im Vergleich, ergänzt um einen Nachsatz:

Mit Genderstern:
Die Minister*innenpräsident*inkandidat*innen stellen sich vor, es beginnt Kandidat Müller.

Gleichmoviert:
Die Ministerpräsidentkandidaten stellen sich vor, es beginnt Kandidatan Müller.

Die Sammelbezeichnung ist im gleichmovierten Beispielsatz durchgängig generisch, erst die konkrete Adressierung eines einzelnen männlichen Kandidaten erfolgt mit geschlechtsbezogener Markierung, so wie bei der höflichen Anrede von Einzelpersonen per Herr oder Frau üblich.